Der Islam bedeutet vom Wortstamm her auch Frieden. Der Begriff Islam bezeichnet die Ergebung in Gottes Willen sowie die von Gott für den Menschen vorgesehene Lebensweise der friedvollen Hingabe, des Friedens mit Gott, den Mitmenschen, der Umwelt und sich selbst. Im Koran heißt es:
- …denn Versöhnung ist das Beste (4:128)
Der Prophet Muhammad sagte:
- O Allah, Du bist der Friede. Von Dir kommt der Friede. So grüße uns, unser Herr, mit dem Frieden.(Hadith Sammlung Muslim)
Dem islamischen Kriegsrecht gemäß ist es verboten, zum Krieg anzuhalten und ihn zu forcieren. Krieg ist zu verabscheuen, weil er den Menschen im Grunde nur Leid und Zerstörung bringt. Krieg ist ein Mittel, zu dem nur im äußersten Notfall gegriffen werden darf (vgl. 60:8). Frieden und Versöhnung hingegen sind im Islam die Normalzustände. Der Prophet Muhammad hat in seinem ganzen Leben keinen Krieg angezettelt. Er kämpfte nur, wenn er angegriffen wurde, und rief immer wieder zum Frieden auf. Im Koran heißt es:
- Und wenn sie jedoch zum Frieden geneigt sind, so sei auch du ihm geneigt und vertraue auf Allah. Wahrlich, Er ist der Hörende, der Allwissende (8:61)
Dem Islam zufolge müssen sich die Menschen auch im Krieg bestimmten Gesetzen unterwerfen, die dem Wohle der Allgemeinheit dienen. So wird unterschieden zwischen dem Krieg Führenden und dem Soldaten; die Tötung von Kindern, Frauen, Geiseln, Kranken und Ordensleuten (die keine Kämpfer sind) ist nicht erlaubt. Überhaupt sind jede Tötung und jede Form von Zerstörung außerhalb des wirklich Notwendigen strikt untersagt. Gefangene sollen gut behandelt und ihre kriegerischen Handlungen nicht als Verbrechen angesehen werden.
Auch in Bezug auf Krieg und Frieden besitzt der Prophet Muhammad eine Vorbildfunktion. 622 musste er Mekka verlassen. Die Vertreibung Muhammads und seiner Gefährten ging den Mekkanern aber noch nicht weit genug. Sie stellten außerdem an die Einwohner von Medina die Forderung, ihm und seinen Anhängern jeglichen Schutz zu entziehen und sie auszuweisen. Im zweiten Jahr nach der Auswanderung schickten sie ein mächtiges Heer gegen den Propheten. In Badr kam es zur Schlacht, und die Mekkaner wurden in die Flucht geschlagen. Ein weiteres Jahr später fielen die Mekkaner abermals in Medina ein, um sich für die Niederlage von Badr zu rächen, zogen sich aber nach einem blutigen Kampf in Uhud zurück.
Der Prophet Muhammad versuchte nochmals, sich mit den Mekkanern zu versöhnen, und begab sich nach Hudaibiya. Hier schloss er mit den Mekkanern einen Friedensvertrag, der äußerst schwer zu erfüllende Klauseln enthielt. Der Prophet versprach den Mekkanern u.a. die gesicherte Durchfahrt, die Auslieferung von mekkanischen Flüchtlingen, die sich zu ihm begeben würden, und die Erfüllung aller weiteren Bedingungen. Die beiden vertragschließenden Parteien gelobten 628 in Hudaibiya nicht nur den Frieden, sondern auch die Nichteinmischung in Streitigkeiten mit Dritten. Den Frieden nutzte der Prophet zur Entfaltung von vielerlei Aktivitäten zur Verbreitung seiner Religion, ohne dem Friedensvertrag zuwider zu handeln. Die Mekkaner aber zogen aus den Schwierigkeiten der Muslime Nutzen und verletzten ihrerseits den Vertrag. Daraufhin stellte sich der Prophet selbst an die Spitze einer Armee von 10.000 Mann und überraschte die Stadt Mekka, die er ohne Schwertstreich erobern konnte. Er versammelte die Bevölkerung um sich und rief ihr ihre Missetaten ins Gedächtnis: die religiöse Verfolgung, die ungerechte Beschlagnahme des Vermögens der Flüchtlinge, wiederholte Überfälle, 20 Jahre sinnloser Feindseligkeit. Schließlich stellte er ihr die Frage: Und was erwartet ihr nun von mir? Als alle beschämt das Haupt sinken ließen, rief Muhammad: Geht in Frieden, und Gott verzeihe euch. Heute soll euch keine Buße auferlegt werden. Ihr seid frei. Denn … es gibt keinen Zwang in der Religion (2:256). Er verzichtete sogar auf die Übergabe der Besitztümer, die die Mekkaner den Muslimen abgenommen hatten. Diese Haltung bewirkte augenblicklich eine Änderung des Verhaltens der Mekkaner gegenüber dem Islam.
Im Islam gibt es eine stark ausgeprägte Neigung zum Frieden. Frieden zu schließen, wird als eine gute Tat bezeichnet. Begriffe wie Mitleid, Barmherzigkeit, Vergebung und Toleranz sollen nach Darstellung des Korans beim Umgang mit den Mitmenschen im Vordergrund stehen. So heißt es im Koran:
- Und die Diener des Erbarmers sind diejenigen, die in angenehmer Weise auf Erden wandeln; und wenn die Unwissenden sie anreden, sprechen sie freundlich (zu ihnen) (25:63)
- Und aus euch soll eine Gemeinschaft werden, die zum Guten einlädt und das gebietet, was rechtens ist, und das Unrecht verbietet.
Und der Prophet Muhammad sagte:
- Verkündet, was froh macht, verkündet nicht, was erschreckt. Macht es den Menschen leicht, macht es ihnen nicht schwer (Hadith Sammlung Muslim)
- Wer sich anderer nicht erbarmt, wird kein Erbarmen finden. (Hadith Sammlungen Bukhari, Muslim)
- Soll ich euch mitteilen, was noch besser ist als Fasten, Gebet und Almosen? Es ist: Aussöhnung schaffen. (Hadith Sammlungen Abu Dawud, Tirmidhi)
- Bei dem, in Dessen Hand meine Seele ist: Niemand von euch ist (wirklich) gläubig, bis er seinem Bruder das wünscht, was er sich selbst wünscht. (Hadith Sammlungen Bukhari, Muslim)
Vom vierten Kalifen Ali (dem Cousin und Schwiegersohn des Propheten Muhammad) ist folgender Ausspruch überliefert:
- Die Muslime sind eure Glaubensbrüder und die Nicht-Muslime eure Menschenbrüder.